Kommentar zum Cicero-Artikel: Israel tut der Welt einen Gefallen
- Monika Bremer
- 16. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Kommentar zum Artikel von „Ingo Way | Cicero Magazin" aus Sicht einer freien Journalistin in Kairo.
Den ganzen Artikel lesen Sie hier: „Israel tut der Welt einen Gefallen"
Ingo Way's Artikel „Israel tut der Welt einen Gefallen“ zur Rolle Israels im Stellvertreterkrieg mit dem Iran trifft in Ton und Analyse einen Nerv. Neben den Erläuterungen zur Atompolitik Irans befürworte ich die klare Benennung der Tatsache , dass sämtliche Terrororganisationen rund um Israel – einschließlich Hamas, Hisbollah und Huthis – als verlängerte Arme Teherans agieren. Diese Zusammenhänge werden in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit – von Ägypten und der Region hier ganz zu schweigen – nach wie vor verdrängt oder verharmlost.
Besonders positiv bewerte ich die Darstellung der Rolle des Irans im aktuellen Krieg:
Dabei ist völlig klar, wer den gegenwärtigen Krieg begonnen hat: nämlich der Iran. Der Iran hat die Hamas unterstützt, als sie am 7. Oktober 2023 den größten Massenmord an Juden seit dem Holocaust begonnen hat. Er hat die libanesische Hisbollah unterstützt, die mit täglichen Bombenangriffen auf den Norden Israels 60.000 Israelis zum Verlassen ihrer Wohnorte gezwungen hat. Und er versorgt die Huthis im Jemen mit den Raketen, die sie bis heute auf israelische Städte abfeuern.
Was in Way's Text klar herausgearbeitet wird, ist vor Ort längst Realität. Jedenfalls ist aus meiner Perspektive aus Ägypten – einem autokratisch geführten, sicherheitsfixierten Staat – die aktuelle Lage seit Oktober 2023 nahezu unerträglich geworden. Nicht nur, dass der unreflektierte und flächendeckende Hass gegen Israel jegliche Diskussion hinfällig macht. Die permanente Eskalation an der Grenze zu Gaza wirkt wie ein Katalysator für politische Erstarrung und zivilgesellschaftliche Lähmung. Kritische Auseinandersetzung findet hier in der Region – wenn überhaupt – nur in sehr engen Räumen und auf keinen Fall öffentlich statt.
Wer die ägyptische Haltung zu Rafah verstehen will, muss die Sicherheitsarchitektur kennen. Der Grenzübergang ist nicht nur logistischer, sondern symbolischer Knotenpunkt: Ein Ventil, das unter enormem politischen Druck steht – und ein Ort, an dem internationale Erwartungen regelmäßig mit der ägyptischen Realpolitik kollidieren.
Die derzeitige weltweite Vorstellung, man könne einfach nach Gaza „marschieren“, oder Al-Arish sei ein offenes Feld für politischen Aktivismus, ist aus ägyptischer Sicht realitätsfern - schlimmstenfalls fahrlässig. Während der Hamas und den Palästinensern landesweit seitens der Bevölkerung Sympathie entgegenschlägt, gibt sich die Regierung nicht der Illusion hin, die Hamas sei eine legitime Befreiungsbewegung. Sie wird von ihr als islamistische Terrororganisation mit der Nähe zur Muslimbruderschaft wahrgenommen – mit direkter Bedrohung für die nationale Sicherheit.
Gleichzeitig bleibt die palästinensische Bevölkerung gefangen: Zwischen Repression, Korruption und Perspektivlosigkeit. Der Ruf „Free Palestine“ mag im Westen als moralische Parole funktionieren – in Kairo weckt er vor allem staatliche Alarmreflexe. Denn eine Grenzöffnung Richtung Süden birgt nicht nur humanitäre, sondern auch innenpolitische Risiken und ein erhebliches Destabilisierungspotential. Der Sinai war in der Vergangenheit Rückzugsraum für bewaffnete Gruppen. Ägyptens Regierung wird alles tun, um eine Wiederholung zu verhindern.
Und dennoch gilt: Den Palästinensern steht ein eigenes, souverän verwaltetes Territorium zu – jenseits von Terror, Korruption und Islamismus. Diese Forderung ist nicht nur moralisch notwendig, sondern sicherheitspolitisch unausweichlich.
Die Realität in Ägypten lässt sich nicht aus der Distanz beurteilen. Aber sie lässt sich beschreiben. Das ist – soweit möglich – Aufgabe kritischer journalistischer Stimmen vor Ort.
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